Am 1. Oktober 2025, bei 2°C nachts und 15° tagsüber, geht’s los in Richtung Örebro. Wir kommen bis zum malerisch gelegenen Hammarsundet vor Askersund, fahren aber nach kurzem Zwischenhalt weiter, weil wir keine geeignete Auslaufrunde für Pipa und Luna finden – was für ein Glück, denn nur 10 Minuten später lockt uns ein Hinweisschild zum Slott Stjärnsund auf einer Landzunge gelegen und da die Saison vorbei ist, haben wir den Parkplatz ganz für uns alleine inkl. Rundweg ums Schloss bei schönstem Abendlicht. Nachts ist es sehr ruhig und dunkel, nicht einmal ein Schlossgespenst macht sich bemerkbar.

Bei der Weiterfahrt erschreckt sich Luna offenbar bei einer gröberen Bodenwelle – den ganzen Tag ist sie nervös und unruhig (beim Autofahren), beim Spazieren ist davon nichts zu spüren, sie ist wach, interessiert und frech! Die Fahrt durch die herbstlich gefärbten Wälder ist unsagbar schön und wir können uns ganz darauf konzentrieren, denn es hat fast kein Verkehr und die auf Warnhinweisen angekündigten Elche oder Rentiere zeigen sich nicht. Auch an diesem Abend ist uns das Glück (oder die Nase) hold, vor Hudiksvall entdecken wir hinter einem Rastplatz einen leeren Campingplatz am See, wo wir die Nacht verbringen.

Am Freitag 3.10.25 trauen wir unseren Augen kaum…wo sind wir denn, ist das die Golden Gate vor uns…? Nein, an der Höga Kusten spannt sich eine 1867 m lange, rote Hängebrücke über den Bottnischen Meerbusen, deren Stützweite fast so lange ist wie die der Golden Gate Bridge. Etwas oberhalb gibt es einen Rastplatz mit Restaurant/Souvenirshop und ausladenden Waldspaziergängen hügelaufwärts mit diversen Aussichtspunkten. Hier kommen die Hunde und wir voll ‘auf die Rechnung’, denn im Shop bietet man uns einen süffigen veganen Mojito Drink an.

Bei weiterhin gutem Wetter queren wir die Grenze zu Finnland; es ist weder eine Zollstation noch sind irgendwelche Uniformierte zu sehen, niemand fragt nach Ausweisen, jedermann fährt einfach durch. Die 3,5 km langen und 13,8 m hohen Stromschnellen von Kukkolankoski sind die längsten frei fliessenden Finnlands. Sie befinden sich im Tornio Fluss, der die Grenze zwischen Finnland und Schweden bildet und genau daneben bleiben wir – das Rauschen ist gut zu hören – hier werden manchmal noch in alter Tradition (Handnetzfischen) Weissfisch und Lachs von hölzernen Stegen aus gefangen.

Leider zeigt sich der Himmel die nächsten 3 Tage eher bedeckt und teilweise fällt Nieselregen, aber für die Jahreszeit ist es viel zu warm, berichten uns auch Einheimische – gut für uns, wir geniessen in vollen Zügen die weite finnische Wald- und Seenlandschaft mit ihren gelb-orange-rot-Tönen.

Wir besuchen das älteste Naturschutzgebiet Finnland, den Kruununpuisto Park, wo uns eine unglaublich schöne U-förmige Panoramatour mit Landschaft in alle Richtungen, markiert mit blau-weissen Wanderlogos an Pfosten montiert, erwartet. Sie führt über Holzplanken und Waldpfaden vorbei an schön gezeichneten Felsen und markigen Bäumen, verkrüppelten Kiefern die wie Kunstwerke wirken zu Aussichtsplattformen, von wo der Fluss Tornionjoki und seine Ufer zu beiden Seiten in Schweden und Finnland deutlich zu erkennen sind. Die Tour führt zu einem Aussichtsturm und dem daneben erbauten geschichtsträchtigen Gebäude: der Kaiserloge von 1882, die im Hinblick auf einen Besuch des russischen Kaisers und Grossfürsten von Finnland gebaut wurde. An der Spitze des Rundwegs steht eine Statue der Schriftstellerin Annikki Karniemi, die für ihre Bücher über Lappland bekannt ist und immer wieder wird der Blick von der unter uns liegenden Wald- und Seenlandschaft angezogen. Weils so schön ist hier, bleiben wir über Nacht und wiederholen die Rundtour. Auf dem Rückweg passieren wir eine Camping- und Hüttenvermietung mit Langlauf- und Skijetpisten, die sich für den Winter bereit macht und auf den Schnee wartet.

Es geht weiter nordwärts, Richtung Muonio, wo eine vor 17 Jahren ausgewanderte Schweizerin eine Swiss Bakery betreibt. Natürlich haben wir dort einen Zwischenhalt gemacht und auf frisches, knuspriges Brot spekuliert. Das Angebot ist gross und gluschtig, aber auf Kaffee, Kuchen und Schokolade spezialisiert – im oberen Stock gibt es eine auf Nordlichter konzentrierte Fotoausstellung eines weiteren Ex-Schweizers. Irgendwie haben es uns die Stromschnellen angetan, unser nächster Halt ist beim Aussichtspunkt Äijäkoski wo wiederum ein Fusspfad dem Fluss entlang führt.

Die Tagestemperaturen sind mittlerweile auf um die 10°C gesunken und die Sichtung von querenden und grasenden Rentieren nimmt hier oben merklich zu. Pipa steht konzentriert hinter der Scheibe und gibt an, sobald sie so ein gehörntes Tier erblickt – auch draussen interessiert deren Duft -, Pipa und Luna versuchen deren ‚Verfolgung‘ aufzunehmen, wobei wir glücklicherweise keinem zu nahe kommen. Am 7.10.25 – draussen dominieren herrliche Herbstfarben – sehen wir in Levi den ersten Schnee aber nur am Skihang, der offenbar künstlich beschneit wurde; die ersten Skifahrer sind auf der Piste auszumachen, rundum ist aber alles noch grün.

Unser nächstes Ziel ist der Ort Luosto in Zentrallappland am Fuss einer Bergkette mit Wanderwegen und Skipisten sowie einer Amethyst-Mine, wo man selbst nach diesem violetten Quarz graben kann. Hier haben wir 2017 schon ein paar Wochen verbracht und uns in die Gegend verliebt und sie wiederholt besucht. Wir bleiben, spazieren über Stock und Stein, bewundern die farbige Natur und die Zuschauertribüne mitten im Wald – nachts regnet, es aber die Temperaturen bleiben bei angenehmen 9°C.

Langsam geht es wieder retour, erneut über den Polarkreis und fast unvermeidlich vorbei an Rovaniemi, der Samichlaus-Stadt, wieder über die unbewachte Grenze nach Schweden wo wir Gällivare und in Jokkmokk den nördlichen Polarkreis anvisieren. Der Ort ist das Zentrum der samischen Kultur in Schweden und bekannt für den jährlichen Wintermarkt, bei dem Samen aus ganz Lappland ihre Waren anbieten. Hier waren wir vor 8 ½ Jahren schon mal, am 28.5.2017 sind wir am Morgen im Schnee erwacht! Und heute, Mitte Oktober geniessen wir die herrlichen Herbstfarben, gelb-goldene Birkenblätter bereiten einen wunderbaren Teppich aus, und das warme, sonnige Wetter!

In Lappland gibt es mehr als 4000 Seen, unzählige Flüsse und Bäche, endlose Gebiete mit Wald, Natur und Wildnis. Entlang unserer Route sehen wir etliche Hinweisschilder auf Huskyfahrten. Wir stoppen kurz bei einem Schweizer Paar, das eine Wilderness Lodge betreibt, wo die Schweizer- und Schweden-Fahne im Wind weht. Im Moment ist das Café zwar geschlossen, aber im Winter wird dort Schneemobil gefahren, Elchsafari, Huskytrekking, Eisfischen etc. angeboten. Sie erzählen uns von einer Liegenschaft, die zum Verkauf steht. Neugierig und interessiert folgen wir dem Navi in die Wildnis, über gravel roads mitten durch Wälder und vorbei an etlichen Seen erreichen wir nach 1 ½ Stunden das Anwesen mit Seeanstoss von Dan, der uns spontan zum Kaffee einlädt und von seinem Leben in der Abgeschiedenheit erzählt.

Auf der Weiterfahrt kommen wir an einem Hundeplatz vorbei, wie es in vielen grösseren Orten gibt: ein eingezäuntes Areal, wo die Hunde frei rumtoben können, denn vom 1. März bis 20. August gilt in Schweden Leinenpflicht. Zuerst müssen Pipa und Luna natürlich alles ausführlich beschnüffeln, bevor sie sich für’s Spiel entscheiden – Luna rennt voller Freude einem Ball nach und bringt ihn zurück um gleich wieder wegzurennen – herrlich sie so unbeschwert zu sehen – während Pipa zum Zaun-Ende sprintet um dort einen Hund der aussen herum läuft, zu begrüssen. Das hat gut getan und die beiden schlafen nachher prima auf der Weiterfahrt.

Wir sind auf der Rückfahrt in unser Winterquartier. In Östersund kaufen wir ein – finden gute vegane Auswahl an Lebensmitteln – und tanken Diesel ((CHF 1.38/l) und ad blue (CHF 1.08) auf. Am Nachmittag beginnt sich der klare, blaue Himmel zu überziehen, trotzdem oder nichtsdestotrotz gibt es wieder ein wunderbar fotogenes Abendlicht – und am nächsten Morgen einen rot überzogenen Himmel, der sich im Wasser spiegelt und zu einer Fotoserie einlädt.

Bisher haben wir in Lappland wiederholt Rentiere gesehen, die dort gezüchtet werden aber frei herumlaufen. Elche aber, auf die so manche Warntafel entlang der Strasse aufmerksam macht, sind uns noch nicht zu Gesicht gekommen. Trotzdem muss es in den Wäldern hier einige geben, denn zwischen Karlstad und Kristinehamn scheint grossflächig die Elchjagd im Gang zu sein, jedenfalls sind immer wieder Jagd-Warntafeln aufgestellt.

Am bekannten Vänernsee, am Hafen von Kristinehamn schlagen wir mal in der Stadt unsere ‘Zelte’ auf und schlendern durch den nahen Stadtpark mit seinen vielen Fotosujets. Nach so viel Wald und Wildnis geniessen wir für einmal wieder das städtische Ambiente und auch die Hunde kriegen wieder andere Düfte in die Nase.

Bevor wir unser WoMo in die Garage stellen, fahren wir bei einem Wasch-Service vorbei, wo der MAN gründlich geschrubbt und gewaschen wird und nachher aussieht wie neu. Die Hunde freuen sich, nach 14 Tagen wieder im Haus zu sein und mehr Bewegungsfreiheit zu haben, machen eine Schnüffelrunde und besetzen dann das Sofa. Auf der bekannten ‘Jogging’Runde im Wald hinter dem Haus hat der Herbst Fortschritte gemacht, es sind viele Farben dazugekommen aber das Thermometer zeigt tags noch immer 14°C an und lockt für eine Mittagspause auf die Veranda. Neu hinzugekommen ist ein Zettel an einem Baum, der besagt, dass gestern und noch 3x in den nächsten Tagen ‘Älkjakt’ sei. Werni packt seine Fotoausrüstung und ist jeweils fast den ganzen Tag unterwegs. Weder hört er Hunde bellen noch Schüsse, sieht nur orange bekleidete Männer auf Hochständen sitzen und warten.

Der Pöstler erklärt uns, welcher Briefkasten der unsere ist, dass wir ihn einfach anschreiben sollen und dann kommt die Post zu uns – sollte etwas zu gross sein, stellt er einen Zettel aus mit dem wir im nahen Coop das Paket abholen können.

Wir entdecken einen zusätzlichen, quasi weiterführenden Weg durch den Wald von der Joggingrunde aus und über einen Kiesweg zurück. Ein ander Mal machen wir Kombiausflug nach Nässjö bei wolkenlos sonnigem Himmel aber kühlem Wind und spazieren um den Ingsbergssjön See mit den vielen Enten, Schwänen und Gänsen – danach zu Lidl.

Hinter unserem Haus ist das Wasserversorgungs-Häuschen. Dort am Zaun entdecken wir eines Morgens einen Zettel, der besagt dass Fäkalbakterien im Wasser seien und man das Wasser abkochen soll – sonst aber keinerlei Info!

Da die Wetterprognose eher regnerische Tage voraussagt, fahren wir am 19.10.25 noch bei Sonne und blauem Himmel nach Sävsjö, um dort den See zu Fuss zu umrunden. Dabei fällt uns mitten im Wald ein hübsches Gebäude auf, das sich als Kirche entpuppt, die aber innen verwüstet wurde und die Fensterscheiben zerbrochen draussen liegen. Am Abend können wir einen Specht mit rotem Hinterteil beobachten, der unermüdlich an einem abgebrochenen Ast herumhackt.

Am 4. Todestag von Lisbeth sehen wir viele Kondensstreifen von Flugzeugen hoch oben, die sich bei Sonnenaufgang rot färben. An diesem Tag entdecken wir einen hübschen Spazierweg entlang des Seeufers in Ekenässjö und hinauf zu einem Bauernhaus. Am Namenstag von Ursula fahren wir mit Handschuhen etc. ausgerüstet zur verwüsteten Kirche um das im Gras liegende Glas zusammenzusuchen. Als ‘Guteli’ gibt es nachher noch eine Seeumrundung in Sävsjö. Gegen Ende Oktober wird es regnerischer und wärmer, tags 11, nachts 8°C und wir können 2 Rehe beobachten, die durch den Wald huschen. In Vetlanda suchen wir den Systembolaget auf, den staatlichen Laden, in dem man Alkohol kaufen kann und erstehen je 2 Flaschen veganen Weiss-, Rosé- und Rotwein, bringen dem Bettler bei Aldi unsere leeren Petflaschen, die er gegen Pfand einlösen kann, suchen dann einen Elektroladen für EU-Übergangsstecker, kaufen Lebensmittel bei Willis und fahren noch bei Aston vorbei, um im ‘Big’ einige Dinge rauszuholen. Zurück daheim finden wir eine Anleitung von Daniel, wie wir den TV vom Laptop auf einen grossen Bildschirm bringen…es klappt und der Rosé-Apéro danach schmeckt sehr.

In der Nähe haben wir eine Enduro-Töffstrecke gesehen, daneben gibt es eine Waldstrasse, die sich gut für einen Hundespaziergang eignet, wir wollen ja auch etwas Abwechslung. Bei einer kleinen ‘Handverk’-Ausstellung am Strassenrand kaufen wir eine schwedische Hausidylle im Miniformat. Weil wir 200 statt 180 hinterliessen, klopft am Nachmittag Ulrike, die Künstlerin an unsere Türe und will die 20 zurückbringen. Sie ist Deutsche und seit etwa 15 Jahren in Schweden. Ihr Mann sei mit 2 By-pässen im Spital erzählt sie, die zufällig entdeckt worden seien. Einen Tag später gehen wir nochmals dort vorbei wo Werni ein geschmiedetes Wikinger-Schiff und ich eine weitere Holzarbeit finde.

Am Abend findet in der Kirche ein Chorkonzert statt, zu dem wir uns aufmachen – auch um die Kirche mal von innen zu sehen. Es hat fast keine Besucher aber die Kirche ist hübsch mit ungewöhnlicher Deko und der Chor singt nicht schlecht.

Auf dem Weg zum Abendspaziergang kreuzen wir einen anderen Hundespazierer und unsere beiden Damen bellen und zerren extrem an der Leine was wiederum Werni zur Weissglut treibt.

Nachdem die Uhren auf Winterzeit umgestellt wurden, ist es zwar morgens vor 7 Uhr schon recht hell, aber abends sehr früh dunkel, so dass uns künftig wohl kaum was übrig bleibt, als unter den Strassenlaternen durch den Wald oder der Strasse entlang den Abendspaziergang zu machen.

Schon am 27.10.25 abends gibt es grosses ‘Kino’ auf der abendlichen Waldrunde. Die örtlichen Lehrer haben offenbar für die Schulkinder entlang der Joggingrunde eine aufwändige und gruslige Halloween-Dekoration mit musikalischer Untermalung vorbereitet. So kommen wir auch in den ‘Genuss’ der Geisterbeschwörungen – für unsere Augen wirklich etwas Angst einflössend, die Hunde hingegen fanden es recht interessant und haben die lebendigen Geister sogar begrüsst. Am gleichen Abend wurden die Auslagen fein säuberlich entfernt, am nächsten Morgen war von dem ganzen Spuk nichts mehr zu sehen.

Nils hat schon daheim Umschau gehalten nach möglichen interessanten Orten, die wir in Schweden aufsuchen könnten. U.a. hat er den Bilkyrkögard Kyrko masse (Autofriedhof) im Netz gefunden, den wir an einem regnerischen Tag Ende Oktober aufsuchen. Auf dem frei zugänglichen Gelände findet man die Reste von über 100 Oldtimern aus den 40er, 50er und 60er Jahren in verschiedenen Stadien des Verfalls. Eine skurrile und zugleich zeitgeschichtlich interessante «Ausstellung». Zwar wollte die Umweltbehörde die Autowracks wegen Naturverschmutzung weghaben, aber die Gemeinde zog auch einen wirtschaftlichen Nutzen aus dem immer grösser werdenden Zulauf zu dieser ‘Pilgerstätte’, so dass schlussendlich alles so bleiben durfte. Der Zahn der Zeit wird einem bewusst. Irgendwie liegt eine grosse Andächtigkeit über der Ruhe des Moores und dem gelegentlichen Zwitschern einzelner Vögel.