Nach regnerischen, trüben Tagen hat die Sonne wieder das Zepter übernommen. Ein letztes Mal fahren wir der T10 entlang südwärts, vorbei am Flughafen Figari und erhaschen bald darauf einen ersten Blick auf das tiefblaue Wasser eines Meeresarms der südwestlichen Mittelmeer-Küste Korsikas.

 

Ein Naturschutzgebiet erstreckt sich über die gesamte Halbinsel-Spitze von Bruzzi. Hier ist ein Rundweg ausgeschildert, der zuerst durch dichte Macchia mit einer Vielzahl von durch Erosion geformten Granitfelsen und dann der Küste entlang zu kleinen, wilden Buchten führt; so angepriesen im Wanderführer i Scarpi, der die schönsten Ausflüge in Südkorsika enthält.

 

Wir fahren früh los, denn der Rundkurs geht über 5 km und wir wollen diesen mit Aussichtspausen spicken. Wir sind die ersten am Parkplatz, packen unsere sieben Sachen und nehmen die Hunde weisungsgemäss an die Leine. Gleich zu Beginn versinkt der Weg in einem kleinen Wald mit schönen Korkeichen. Wir überschreiten skurile Wurzelgebilde, steigen dann über eine Treppe, die sich kurz in einen steilen Pfad verwandelt. Schon überblickt man die tiefblaue Küste und ihre aquamarinen Buchen mit kleinen sandigen Stränden. Es ist herrlich: Jetzt im März säumen hunderte von weisslich blühenden Asphodeles, blau-violettem Rosmarin und Lavendel sowie gelbem Besenginster unseren Weg.

 

Das im hiesigen Winter vielfach angetroffene Kraut der Asphodeles sieht ähnlich aus wie das unserer Osterglocken, auch die Wurzeln sind knollig, aber eher länglich. Jetzt hat sich darauf ein nackter Stängel hervorgestemmt, der einen verzweigten Blütenstiel trägt. Die Blüten sind in Büscheln gruppiert und bestehen aus drei Kelch– und drei Blütenblättern. Die weissen Blüten haben einen rosa oder braunen zentralen Streifen. Die Asphodele strahlt keinen Geruch aus und wird vom Vieh nicht gefressen, weshalb sie wohl so häufig anzutreffen ist.

 

Vom oberen Weg aus ist eine aussergewöhnliche Landschaft mit fantastischen Felsenformen und herrlicher Aussicht auf das Meer zu sehen – wie von einem etwas verrückten Künstler geschaffen, der seiner Fantasie freien Lauf gelassen hat -. Die vom Wind erodierten Felsen (tafoni) bilden ein ‘Chaos’ aus Granit, das der Fauna der Halbinsel einen guten Schutz bietet. Die stark gegliederte Felsenküste strahlt eine wilde, von den Elementen geprägte Atmosphäre aus. Heute ist das Meer ruhig und fast kein Wind kühlt unsere sonnenverwöhnten Wangen. Aber es muss hier bei Wind und Wetter ganz anders zugehen; die Naturkräfte haben die Äste der Sträucher nach hinten ‘gebogen’. Wir pausieren oberhalb eines schönen Sandstrandes, eingebettet von skurilen Felsformen. Je nach Phantasie kann man viele verschiedene vom Wind geformte Sujets in diesen Felsen erkennen. Ich sehe einen Affen- und einen Ziegenkopf, ein Herz und ein markantes Männerprofil. Die Fernsicht heute ist phantastisch, das Blau-Grün des Wassers und die weissen und rosaroten Felsen: einfach traumhaft! Dazu ist es absolut still, weder Wind noch Wellenschlag sind zu hören, so fühlen wir uns wie «allein auf der Welt“. Die Hunde legen sich auf den warmen Boden und nach einem ‘Guteli’ und etwas Wasser üben sie ihr ‘Rugeli’, dösen dann sogar ein. Die Sonne scheint vom wolkenlosen blauen Himmel, Schatten bieten höchstens einige Felsvorsprünge. Eine Bar oder ein Restaurant ist auf der ganzen Strecke nicht auszumachen, so dass dieser Rundweg im Sommer – auch mit Badeeinlagen – sicher gut geplant werden muss.

 

Der Küste entlang folgen wir einem gewundenen Pfad, der immer wieder an kleinen sandigen Buchten mit smaragd-farbenem Wasser vorbeiführt. In einer dieser Einschnitte hat Nils beim Umherstreunen sogar eine grosse grüne Viper beim Sonnenbad gesehen, die sich aber schnell in die Felsen zurückgezogen hat. Ausser flinken Eidechsen, Vögeln und Hummeln haben wir hier sonst keine Tiere gesehen.

Es versteht sich von selbst, dass diese grossartige Natur mit ihren grandiosen Szenen uns zu hunderten von Fotos ‘verführt’ hat, von denen Ihr hier eine kleine Auswahl seht. Natürlich sind die Bilder im Original entscheidend schärfer und noch farbiger und eindrücklicher.

Auf der Heimfahrt haben wir nochmals beim Biodélice-Laden gehalten, unsere veganen Vorräte aufgestockt und uns ein Glacé zu Gemüte geführt.