Donnerstag, 1.8.2019

In der Nacht zeigt sich, dass hier oben der Herbst begonnen hat, denn Nebel bildet sich über dem Fluss. Heute am Schweizer Nationalfeiertag feiern auch wir, aber wir lassen Oxi hochleben, die 10-jährig wird; wir alle sind froh, den 70. unserer Grossen ohne Erstaugust-Feuerwerk feiern zu können, denn dafür fürchtet sich die sonst ziemlich Furchtlose. Am Morgen ist der Himmel aber makellos blau, zumindest bis wir vom Spazieren zurück sind, denn dann beginnt er sich zu überziehen, was bei den schnellen Wetterwechseln hier aber nichts heissen muss. Wir fahren weiter, nochmals vorbei am arctic center, über eine seeeehr lange Baustelle bis Mo i Rana, einer ca. 20’000 Einwohner-Stadt am Ende des Ranfjords, wo die Stahl-, Hütten- und Walzwerke die Haupterwerbsquelle sind. Die Strecke über den Polarkreis war landschaftlich ausgesprochen abwechslungsreich. Im Internet haben wir uns schlau gemacht und eine Zugsverbindung gefunden, die passt. Also lösen wir am Bahnhof für mich Hin- und Rückfahrkarten für den Nachmittag (Wagon- und Sitzplatz-Nr. sind darauf vermerkt), suchen dann einen schönen Platz auf dem Camping, wo Nils und die Hunde auf mich warten. Nach der Spazierrunde im gegenüberliegenden schön am Flussufer gelegenen Klokkerhagen Park holt mich ein Taxi ab, das zum Bahnhof fährt. Leider hat der Zug – ja das gibt es offenbar auch hier – Verspätung, und zwar ‘zünftig’: ganze 45 Minuten! Genug Zeit, das Treiben zu beobachten: so fährt ein irre langer Güterzug mit 31 langen Wagons bestückt mit Huckepack-Containern vorbei und später einer nur mit Wagons voller Kies. Norweger und Ausländer warten an der Sonne auf die Ankunft des Zugs; es gibt lediglich einen Bildschirm, auf dem zu lesen ist, dass er Verspätung hat. Tickets werden nur am Automaten verkauft und wer z.B. nach der offiziellen Abfahrtszeit des Zugs noch eines lösen will, kann dies nur noch für den folgenden Tag ….  Eine Deutsche, die in Schweden 2 Wochen auf dem Königsweg alleine gewandert ist, sucht deswegen etwas erfolglos Hilfe und wagt es dann ohne Billett einzusteigen in der Hoffnung, es im Zug lösen zu können. Die Komposition ist gut besetzt und laut Auskunft meines Sitznachbars am Fenster, darf der Platz problemlos gewechselt werden, sofern leere verfügbar sind. Der etwa 10-Jährige überlässt mir seinen Sitz, damit ich besser fotografieren kann und erzählt, er sei ganz alleine unterwegs nach Bødo, um dort während den Ferien seine Grossmutter zu besuchen. Es geht zuerst durch locker bewohntes Gebiet, Felsen und Bäume sowie einige Tunnels links und rechts verwehren die Sicht auf den blau im Sonnenlicht lockenden Lonselva Fluss. Je höher wir kommen, desto weniger Tannen sind zu sehen, Birken dominieren bis zur Baumgrenze. In der Nähe des Polarkreis Zentrums fährt der Zug (ein Bombardier) langsamer und über den Lautsprecher werden in Norwegisch, Schwedisch und Englisch einige Informationen preisgegeben. Schnell kommt nach der kargen Hochebene wieder die bewaldete Gegend mit leider beschränkter Aussicht. Die meisten Reisenden schauen ins Handy, eine Zeitschrift oder schlafen. Nach rund 1 ½ Stunden hält die Nordbahn – nur für mich, ich bin die einzige, die aussteigt – in Lønsdal. Die Bahnstation liegt ziemlich verlassen am Hang, nur einige wie es scheint unbewohnte Ferienhäuser sind auszumachen, der Ort selbst ist klein, das Dorf lebt hauptsächlich vom Tourismus. Da es genau zwischen dem Junkerdal und dem Saltfjellet-Svartisen Nationalpark liegt, zudem an der E6, ist dies ein beliebter Start- oder Endpunkt für Trekkingtouren. Heute sehe ich aber nur einen etwas fusslahmen einsamen Rucksack-Träger; wahrscheinlich sind die anderen bei diesem schönen Wetter noch am Wandern oder in der einsamen Natur am sich Ausruhen. Jedenfalls bin ich am Abend wieder die einzige, die in den nur noch 2 Wagons langen Zug zurück nach Mo i Rana einsteigt und sich einen Platz auf der ‘Schokoladenseite’ sucht. Müde vom Nichtstun ausser schauen, warten und fotografieren, bringt mit ein Taxi zurück zum Klokkerhagen Park, wo Nils und die Hunde auf mich warten und mich freudig begrüssen … ist das ein schönes ‘Heimkommen’. Zurück beim WoMo – der Camping hat sich inzwischen tüchtig gefüllt – sehen wir soeben einen Lieferservice Pizza bringen; ohne langes Überlegen bestellen wir auch zwei und kriegen nach einer halben Stunde ‘Wagenräder’ angeliefert, die für 2 Mahlzeiten reichen, auch wenn die Vierbeiner beim Pizza-Rand kräftig mithelfen. Es ist interessant, was die Leute auf einem Camping so alles tun: sitzen im Stuhl und schauen in die Runde oder lesen, stellen ein Zelt auf, putzen ihren Camper oder versuchen ihn zu reparieren, gehen ihre WC-Kassette leeren und hier hat es ausgesprochen viele, die mit Hund/en reisen. Einige haben sie hinten im Wohnmobil in Boxen, andere stellen kleine Zäune auf und dann hat es welche, die im Campinggelände mit ihnen Gassi gehen.