Montag, 24.6.19

Eigentlich ist es ja hier so, dass der Tag nicht endet und die Nacht nicht beginnt (Mitternachtssonne: es ist wirklich 24 Stunden lang taghell und sonnig, denn die Sonne sinkt nicht unter den Horizont). Unser Tag (kurz vor oder nach 7 Uhr) beginnt also mit Sonnenschein pur und Frühstück bei offener Türe. Nichtsdestotrotz wollen wir heute zurück, d.h. den ersten Teil des Rückwegs, die abwechslungsreiche, einsame Märchenstrecke von Hamningberg bis Vardo mit vollen Sinnen geniessen: zackige dunkle Felsen, baumlose grüne Felder mit Schafen, weisse Gischt, die von der Barentsee an die Felsen geworfen wird und Sanddünen mit blauem Wasser und weissem Sandstrand, dazwischen ein schmales Strassenband. Nach einer Stunde erreichen wir den Festland-Teil von Vardo. Dort stellen wir unser WoMo ab und wechseln auf den Kangoo. Zuerst schauen wir uns den Flughafen an, ein neueres, langgezogenes Gebäude mit Kontrollturm und Piste in Richtung Fjord. Es hat einige geparkte Autos, aber sonst ist keinerlei Bewegung auszumachen. Also spazieren wir mit den Hunden die Umgebung ab, die leider noch mit Aushub, Bauschutt und Abfall verunstaltet ist, in dem sich Schafe nach Fressbarem umsehen. Und wie es der Zufall so will, ist eine Propellermaschine im Anflug … und startet nach höchstens einer Viertelstunde wieder: Danach ist das Flughafen-Gebäude bis am Abend geschlossen. Der Inselteil von Vardo ist weder über eine Brücke, noch per Fähre erreichbar. Ein 2,98 km langer, bis 88 m unter Meeresspiegel führender Tunnel (Ishavstunnel) verbindet das Festland mit der Insel Vardoya, wo auch die E75 endet, die in Kreta startet! Hier unter dem Eismeer durch sind wir östlicher als Istanbul, Kairo oder St.Petersburg! Die Temperaturen bewegen sich dank des warmen Golfstroms im Mittel von -5 bis +9°! Heute haben wir bei vollem Sonnenschein das Mittel erreicht! Am Auffälligsten hier auf der Insel sind wohl die ‘Kugeln’: während des Kalten Krieges unterhielt die NATO hier ein Frühwarnsystem und seit 1998 gibt es eine Radarstation, eine zweite ist im Bau und soll nächstes Jahr fertig werden. Im 17. Jahrhundert fanden in Vardo gegen 100 Hexenverbrennungen statt (Frauen + Männer); dazu wurde ein Mahnmal errichtet, entworfen vom Schweizer Peter Zumthor und der Französin Louise Bourgeois. Der östliche Teil der Insel ist überbaut mit farbigen Holzhäusern, in der Hafengegend brüten Möwen sehr fotogen in den Fensternischen. Der nördliche Teil dagegen ist baum- und menschenleer und nur über eine steinige, ausgefahrene Naturstrasse erreichbar, die zu einem Leuchtturm, Bunkeranlagen und einer spektakulären Holzinstallation mit Elementen eines Wikingerschiffes, eines Dinosauriers und eines Wals auf einen Fels gesetzt, führt. Der blaue Himmel mit den malerisch weissen aufziehenden Wolken und der Brandung an den Felsen unten: ein unvergessliches Szenario. Wir lassen es auf uns wirken und schiessen unzählige Fotos. Dann, zusammen mit der Bewölkung geht’s zurück zum WoMo, wo wir den heutigen erlebnisreichen Tag in Worte fassen, die besten Aufnahmen auswählen und auf unsere Reise-Homepage hochladen wollen. Dazwischen aber kommt wieder die Sonne hervor und so geht’s nochmals auf eine Spazierrunde über Wiesen mit Schafen, zum Festland-Hafen, an den Sandstrand. Dann gibt’s Nachtessen … wieder ist uns die Zeit davongelaufen, weil die Sonne noch so hoch am Himmel steht, ist’s unbemerkt schon 20:30 Uhr geworden und der tuulikki-Beitrag noch nicht bereit. Aber, wir lassen uns nur ein ganz klein wenig davon stressen; den Abend toppen wir mit einem zartschmelzenden Eis.