Samstag, 22.6.19
Bei regnerischen 5°C überqueren wir fast unbemerkt (ausser einer Info-Tafel ist nichts zu sehen) kurz nach der Abfahrt die grüne Grenze nach Norwegen … und haben eine Stunde gewonnen, denn Norwegen hat wieder unsere ‘normale’ Zeitzone. Der Tana Fluss zeigt uns heute die kalte Schulter, denn auf den Sandbänken können wir noch mächtige Schnee-Eis-Resten ausmachen! Kaum sind wir in Norwegen, wird die Gegend kahler, rauer und felsiger. Wir fahren vorbei an vielen kleingewachsenen Birken. Die E6/E75 führt dann ostwärts und teilt sich wenig später in die rechts am Varangerfjord nach Kirkenes weitergehende E6 und die E75, der wir folgen. Sie schlängelt sich links nahe dem Fjord entlang. Von Weitem ist das kleine weisse Kirchlein auf der Halbinsel von Nesseby zu sehen. Vor dem alten Friedhof parkieren wir, schauen uns das Gelände näher an – die Kirche ist leider verschlossen – und machen einen Spaziergang durch das sich dahinter anschliessende, zum Schutz der Vogelwelt errichtete, Naturreservat. Der Wind zieht durch die Kleidung und ich bin froh um Kappe und Kapuze, aber den Hunden gefällts, sie wetzen über den weichen Gras-Moos Untergrund und finden immer wieder was zum Schnüffeln oder gar Fressen (Seeigel-Schalen). Weiter geht es nach Vadso (Hurtigruten-Anlaufhafen, «Einkaufscenter») vorbei an baumlosem Weidegebiet, malerisch gelegenen einzelnen Holzhäusern und dem sich immer weiter zur Barentsee hin öffnenden Varangerfjord bis Vardo, der östlichsten Stadt Norwegens und der einzigen in der arktischen Klimazone. Den Besuch dieser auf der Insel Vardoy und nur durch die Unterwelt (88 m unter dem Meeresspiegel hindurchführender Tunnel) zu erreichenden Stadt sparen wir uns auf die Rückfahrt auf, denn fast die ganze heutige Strecke müssen/dürfen wir mangels anderer Strassenverbindung wieder zurückfahren. Ab Vardo wird die vom November bis Mai jeweils gesperrte Strasse einspurig. Wir kommen zuerst an grünen Hügeln und Sanddünen (!) mit vielen freilaufenden Schafen vorbei. Der Wind hat das schmale Strassenband an diversen Stellen mit Sand überfegt. So schnell wie das Wetter wandelt sich auch die Landschaft und wir durchqueren ein Gebiet aus terrassenförmig aufgeschichtetem Geröll, dann eine ganz andere Welt voller riesiger schroffer Felsenklippen links und rechts. Wie ein Würmchen windet sich das Strässchen durch die immer höher werdenden spitzen Felsen. Auf einem solchen Felsspitz entdecken wir einen sitzenden Seeadler, der ruhig auf uns niederschaut und keinerlei Anstalten macht, wegzufliegen. Kurz vor 3 Uhr nachmittags, erreichen wir dann die ehemalige, von der Barentsee umspülte Fischersiedlung Hamningberg, die aus einigen farbige Häusern, einer rot-weissen Holzkirche, einer kleinen Herde Rentiere (kleiner/feiner als die in Luosto/FIN) sowie einem Rastplatz an der sandigen Bucht besteht. Über eine Schotterstrasse ist ein grosser Parkplatz etwas ausserhalb, mit Sicht auf das Dorf und die Sand-Bucht auf der einen und mit Blick auf die andere Bucht mit teils noch Schnee bedeckten Bergen im Hintergrund auf der anderen Seite erreicht. Von dort hätte man einen wunderbaren Mitternachtssonnen-Standplatz, aber die Sonne hat sich heute rar gemacht und versteckt sich am Abend hinter grauen Wolken, dafür hören wir den Wind um die Ecken ziehen. Zu Fuss erkunden wir die kleine Ansiedlung, wo die Strasse einfach an der Mole endet und nur noch ein Trampelpfad zu der verfallenden Bunkeranlage am ‘Landsend’ führt.